Da ich in der Anrede von Peters Beitrag persönlich angesprochen bin, nehme ich auch gerne die Gelegenheit wahr, direkt darauf zu antworten.
Zunächst einmal Respekt für die perfekt gestaltete Präsentation am Beispiel eines Spitzenteams und eines Nachwuchsteams. Es war auch gut herausgearbeitet, dass auf wohl doch ein Zusammenhang zwischen Schnitt und Karenzbestrafung besteht. Insofern nehme ich meinen Vorwurf „Thema verfehlt“ zurück.
Du siehst, ich gebe mir Mühe, dass nicht auch bei mir Beton angerührt werden muss.
Jetzt kommt –und das hast Du wohl auch erwartet- das aber. Das von Dir exakt durchgerechnete Szenario passt perfekt auf das Ergebnis und die Bedingungen des letzten Samstags. Aber das ist mir zu wenig. Ein Reglement muss in der Lage sein, nicht nur auf eine Veranstaltung zu passen, sondern es muss in der Lage sein, sich auf Veranstaltungen unterschiedlichster Fahrtleiter mit unterschiedlichsten Rahmenbedingungen einzustellen.
Ich nenne ein anderes Beispiel und gehe damit auch gleich auf den Beitrag von mikemannem ein. Es ist erfreulich, dass dieses Jahr in Ladenburg jeder Teilnehmer die Sollzeit geschafft hatte. Ich bin 2007 die Tom-Grollmann-Ori gefahren. Leider habe ich mir keine Ergebnisliste ausgedruckt, aber soweit ich es in Erinnerung habe, hatten zumindest in jenem Jahr sehr wohl diverse Teilnehmer die Sollzeit nicht geschafft, unter anderem ein bekanntes Mixed-Team, das in jenem Jahr auch schon diverse Gesamtsiege erreicht hatte, also keine Anfänger. Wie schon vorher gesagt, jede Veranstaltung hat in jedem Jahr andere Rahmenbedingungen.
Zum besseren Verständnis schildere jetzt mein ganz persönliches Erleben dieser Veranstaltung. Im letzen Drittel der Fahrt wurden bei Dunkelheit einige ziemlich enge Sandwege gefahren. Einer dieser Sandwege hatte direkt neben der Fahrspur einen tiefen Graben und genau in diesem Graben haben wir unser Vorderrad versenkt. Die Bergung des Autos hatte einige Zeit in Anspruch genommen und ein Blick auf die Uhr hatte mir dann gezeigt, dass die Sollzeit nicht mehr zu schaffen gewesen wäre.
Jetzt war die Entscheidung zu treffen: Machen wir „Feuer frei“, um möglichst noch die eine oder andere Minute gutzumachen, eine Entscheidung, die weder im Sinne des Veranstalters sein konnte und auch nicht meiner Philosphie des heutigen Orientierungssports entspricht. Ich glaube, da bin ich mit Peter einig, wohl auch nicht im Sinne des Schirmherrn des OSWP.
Aber dann haben wir uns gefragt: Was würde es bringen, wenn wir noch die eine oder andere Minute rausholen. Alle unsere Mühe, die wir am Anfang der Fahrt in die Lösung der Aufgaben gesteckt haben, wäre trotzdem für die Katz’. Welchen Sinn hat es jetzt noch, möglicherweise als einzige einen von Mike mühsam ausgetüftelten Trick gelöst zu haben. Schon bei zwei Minuten Verspätung wäre diese Mühe nichts mehr wert gewesen. Auch die vorher angekündigte Möglichkeit, die Bordkarte an einer Stempelkontrolle vorher abzugeben, entsprach nicht unserer Zielsetzung. Wer hätte gewusst, wieviel Kontrollen noch in dem ausgelassenen Stück gestanden hätten.
Mein Fahrer und ich haben –beide zusammengezählt- mehr als 50 Jahre Erfahrung im Orientierungssport und es war selbstverständlich nicht das erste Mal, dass einer von uns bei einer Ori schon mal Minuten gefangen hatte. Aber dass eine leichte Verspätung alles vorher Erreichte zunichte gemacht hätte, diese Erfahrung war doch etwas relativ Neues für uns. Insofern war der Entschluss klar: Ein Weiterfahren macht überhaupt keinen Sinn mehr.
Wie gesagt, ich will dem Fahrtleiter gar keinen Vorwurf für den Sandweg machen. Für das Versenken des Autos im Graben waren ausschließlich wir verantwortlich. Aber uns war klar, dass damit durch eine kleine Unachtsamkeit drei Stunden kostbare Freizeit verschwendet waren.
Und deswegen komme ich darauf zurück, dass wir trotz des von Peter herausgearbeiteten Zusammenhangs zwischen Schnitt und Karenzbestrafung in diesem Thread die Karenzbestrafung diskutieren sollten. Die geschilderte Problematik wurde ausschließlich durch die vom Reglement vorgesehene Zeitwertung verursacht. Der Schnitt war wohl nicht zu beanstanden. Gerechter wäre eine Zeitwertung gewesen, die zwar die Verspätung selbstverständlich bestraft hätte, aber das bis dahin geleistete noch in angemessener Form gewürdigt hätte. Die Regel „Zwei Minuten= Eine Kontrolle“ macht dem Teilnehmer alles vorher Geleistete zunichte.
Insofern ist es sicher sinnvoll, sich auch, wie Peter vorschlägt, mit dem Thema Schnitt zu beschäftigen. Aber um Frusterlebnisse, wie das Geschilderte zu vermeiden, ist die Relation Kontrolle zu Minute Verspätung nach wie vor ein nicht gelöstes Thema.
P.S: Mir ist absolut klar, dass eine eventuelle Reglementsänderung intern über einen Antrag geregelt werden muss. Aber in allen Institutionen ist vor einer Abstimmung erst eine Diskussion erforderlich. Und dies sollte nicht nur unter den Veranstaltern, sondern auch unter den Teilnehmern geschehen, die ja die Zielgruppe für uns sind. Insofern ist dieses Forum der ideale Rahmen für diese Debatte.